AG Fulda: Rechtspfleger zuständig für Vorführungen im Insolvenzverfahren

Dienstag, 20.06.2023

Mit einem Urteil vom 09.06.2023, Az. 91 IN 162/18 hat das Amtsgericht Fulda die Zuständigkeit für die Androhung und Anordnung der Vorführung des Schuldners sowie den Erlass des Vorführungsbefehls geklärt. Demnach ist in den entsprechenden Verfahren der Rechtspfleger grundsätzlich für diese Maßnahmen verantwortlich. Ein allgemeiner Richtervorbehalt besteht nicht. Die Vorführung des Schuldners durch einen Gerichtsvollzieher zum Gericht zur Erteilung bestimmter Auskünfte wird als eine Form der Freiheitsbeschränkung betrachtet, die nicht dem Richtervorbehalt unterliegt. Somit ist der Rechtspfleger für solche Angelegenheiten im Insolvenzverfahren zuständig.

Das Amtsgericht Fulda musste in einem eröffneten Insolvenzverfahren über die Zuständigkeit für die Vorführung des Schuldners entscheiden. Die Rechtspflegerin hielt die Vorführung gemäß § 98 der Insolvenzordnung (InsO) für notwendig, da der Schuldner bestimmte Auskünfte erteilen sollte. Die Angelegenheit wurde dem Insolvenzrichter vorgelegt, da in der Kommentarliteratur zum Insolvenzrecht die Auffassung vertreten wird, dass für entsprechende Anordnungen der Richter zuständig sei.

Um die Zuständigkeit klarzustellen, wurde eine Bestimmung nach § 7 des Rechtspflegergesetzes (RPflG) angefordert. Die Vorlage erfolgte nach § 4 Absatz 3 RPflG, jedoch lag ein Fall nach § 4 Absatz 2 Nr. 2 RPflG entgegen der Kommentarliteratur nicht vor. Nach gründlicher Prüfung wurde entschieden, dass für die Androhung und Anordnung der Vorführung des Schuldners und den Erlass des Vorführungsbefehls der Rechtspfleger zuständig ist.

Die Grundsätzlichkeit der Zuständigkeit des Rechtspflegers im Insolvenzverfahren ergibt sich aus § 3 Nr. 2 e) des Rechtspflegergesetzes. Hierbei sind die Geschäfte in Verfahren nach der Insolvenzordnung dem Rechtspfleger vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen übertragen. In diesem Fall war keine Ausnahme gegeben, die die Zuständigkeit auf den Richter übertragen hätte.

Die vorliegende Vorführung des Schuldners wurde als Freiheitsbeschränkung eingestuft, nicht als Freiheitsentziehung, die einem Richtervorbehalt unterläge. Daraus folgte, dass § 18 des Rechtspflegergesetzes keine Anwendung findet. Auch aus Art. 104 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ergibt sich kein Richtervorbehalt.

Die Kommentarliteratur zum Insolvenzrecht vertrat hingegen durchgehend die Auffassung, dass der Richter funktionell zuständig sei. Jedoch stützt sich diese Auffassung nicht auf veröffentlichte Rechtsprechung, sondern auf § 4 Absatz 2 Nr. 2 RPflG, ohne dabei zwischen Vorführung und Haftanordnung zu differenzieren.

Die Argumentation der Kommentarliteratur steht nicht im Einklang mit der Systematik des Art. 104 GG, da dieser nur für Freiheitsentziehungen einen Richtervorbehalt vorsieht. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch lediglich um eine Freiheitsbeschränkung, da der Schuldner lediglich für kurze Zeit durch einen Gerichtsvollzieher zum Gericht gebracht werden sollte, um bestimmte Angaben zu machen.

Die Auslegung des § 4 Absatz 2 Nr. 2 RPflG als Grundlage für einen Richtervorbehalt ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift lediglich die Regelung des Art. 104 Absatz 2 GG für das Rechtspflegerrecht umsetzt, ohne weitergehende Beschränkungen für den Rechtspfleger zu verankern.

In ähnlichen Fällen des Verwaltungsrechts und Zivilprozessrechts wird ebenfalls kein Richtervorbehalt für Vorführungen angenommen, sondern lediglich eine Freiheitsbeschränkung. Demnach hat das Amtsgericht Fulda entschieden, dass der Rechtspfleger für die Androhung und Anordnung der Vorführung des Schuldners zuständig ist, und der Beschluss ist unanfechtbar

Zusammenfassung

Zusammenfassend hat das Amtsgericht Fulda festgestellt, dass für die Androhung und Anordnung der Vorführung des Schuldners und den Erlass des Vorführungsbefehls im Insolvenzverfahren der Rechtspfleger funktionell zuständig ist. Ein allgemeiner Richtervorbehalt besteht nicht, da es sich lediglich um eine Freiheitsbeschränkung und nicht um eine Freiheitsentziehung handelt. Somit ist der Rechtspfleger in der vorliegenden Angelegenheit verantwortlich.