OLG Frankfurt am Main: Jährliche Baumkontrolle bei Vorschäden nicht ausreichend

Montag, 12.06.2023

Bei einem Urteil des OLG Frankfurt, 1. Zivilsenat, vom 11.05.2023 (Aktenzeichen: 1 U 310/20) geht es um die Verkehrssicherungspflicht einer Gemeinde im Hinblick auf Straßenbäume. Die Beklagte, eine Stadt, hatte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie den Baum, von dem ein großer Ast auf ein geparktes Fahrzeug gestürzt war, nur jährlich statt halbjährlich kontrolliert hatte. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung eines Schadensersatzes verurteilt. Die Beklagte legte daraufhin Berufung ein.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Die Richter stellten fest, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, indem sie den Baum nicht ausreichend kontrolliert habe. Laut der FLL-Richtlinie, einer Richtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., sollte eine zweimalige jährliche Kontrolle von Straßenbäumen durchgeführt werden.

Allerdings hielt das Gericht die Anwendung der Richtlinie im konkreten Fall für nicht ausreichend. Der Baum wies bereits vor dem Schadensereignis sichtbare Schäden auf, wie eine schütter wirkende Krone und ein Totholzbereich. Diese äußerlichen Anzeichen hätten dazu führen müssen, dass der Baum in kürzeren Abständen und mit besonderen Untersuchungen kontrolliert wird. Die Beklagte hatte lediglich eine jährliche Kontrolle durchgeführt, was nicht ausreichend war. Hätte der Schaden rechtzeitig erkannt werden, hätte er verhindert werden können.

Die Beklagte argumentierte, dass die FLL-Richtlinie nicht zwingend eine halbjährliche Kontrolle vorsieht und dass eine jährliche Kontrolle ausreichend sei. Sie verwies dabei auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln, welches ebenfalls eine jährliche Kontrolle befürwortete. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die Richtlinie auch kürzere Kontrollintervalle und spezielle Untersuchungen in begründeten Fällen vorsieht, insbesondere bei starken Schäden. Diese besonderen Umstände waren bei dem Baum vorhanden und hätten zu einer häufigeren Kontrolle führen müssen.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Beklagte ihre Beweispflicht nicht erfüllt hatte, indem sie nicht nachweisen konnte, dass der Schaden unabhängig von ihrer Pflichtverletzung durch ein Windereignis verursacht worden war. Die Beklagte hatte keine entsprechenden Wetterdaten vorgelegt, die ihre Behauptung stützten.

Das Gericht entschied, dass die Klage der Klägerin berechtigt war und die Beklagte für den entstandenen Schaden haften muss. Das Urteil des Landgerichts wurde bestätigt und die Beklagte zur Zahlung des Schadensersatzes verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits tragen ebenfalls die Beklagte. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

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