VwGH Hessen: Duldung berechtigt grundsätzlich nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit

Mittwoch, 14.06.2023

Im Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 09.05.2023, Aktenzeichen 6 B 1834/22, ging es um die Anforderungen an eine Aufenthaltserlaubnis zu „Sonstigen Beschäftigungszwecken“. Dabei stellte das Gericht fest, dass eine Person mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG hat, auch wenn die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 2 Nr. 5 BeschV erfüllt sind. Die Vorschrift des § 19c Abs. 1 AufenthG bezieht sich nur auf die speziellen Beschäftigungen, die in den Teilen 2 bis 5 der Beschäftigungsverordnung aufgeführt sind. Tätigkeiten nach § 31 oder § 32 BeschV können keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG begründen.

Der Beschluss erging auf die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Oktober 2022, in dem vorläufiger Rechtsschutz gewährt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof änderte den Tenor des Beschlusses ab und lehnte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Streitwert wurde auf 2.500 Euro festgesetzt.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Verwaltungsgericht in rechtswidriger Weise über das Klagebegehren hinausgegangen sei. Die Erfolgsaussichten des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurden umfassend überprüft, da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf einen nicht tragenden Gesichtspunkt gestützt hatte. Es bestand die Gefahr, dass relevante Vorbringen der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden.

Die Antragstellerin hatte beantragt, dass über ihren Antrag auf Neubescheidung hinsichtlich einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG entschieden wird. Das Verwaltungsgericht hatte dem Antrag stattgegeben, obwohl die Voraussetzungen des § 19c Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt waren. Das Beschwerdegericht stellte fest, dass das Verwaltungsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen nicht richtig ausgelegt hatte. Die Antragstellerin hatte zuvor eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung besessen, nicht jedoch zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

Des Weiteren hatte die Antragsgegnerin in der Beschwerde vorgetragen, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG habe, da die Tatbestandsvoraussetzungen bereits nicht vorliegen würden. Die Vorschrift des § 32 BeschV ermögliche der Antragsstellerin nicht die Zulassung zur Ausübung einer Beschäftigung im Sinne des § 19c Abs. 1 AufenthG. Eine Duldung berechtige grundsätzlich nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung vor. Die Vorschrift des § 32 BeschV ermögliche einem geduldeten Ausländer lediglich die Weiterausübung oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, sie eröffne jedoch nicht die Möglichkeit, aufgrund einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Das Verwaltungsgericht hatte die Funktion des § 32 BeschV anders interpretiert und somit eine rechtsfehlerhafte Entscheidung getroffen.

Das Beschwerdegericht stimmte der Antragsgegnerin zu und stellte fest, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19c Abs. 1 AufenthG nicht vorlagen. Die Vorschrift beziehe sich nur auf die speziellen in der Beschäftigungsverordnung geregelten Tätigkeiten. Der Senat betonte zudem, dass eine Privilegierung für einen Wechsel des Aufenthaltszwecks aus familiären Gründen hin zur Aufnahme einer Beschäftigung nicht bestehe. Da die Antragstellerin keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis hatte, durfte die Antragsgegnerin auch die Abschiebung nach Marokko androhen. Die Androhung erfüllte die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG.

Aufgrund der rechtmäßigen Verfügung der Antragsgegnerin wurde der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.

Link zum Originaltext der Entscheidung