BGH: Nachträgliche Individualisierung des Mahnbescheids kann Verjährung hemmen

Freitag, 11.08.2023

Mit Urteil vom 07.06.2023 (Aktenzeichen VII ZR 594/21) hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur Hemmung der Verjährung im Mahnverfahren entschieden. Die Entscheidung betrifft die Anforderungen an die Individualisierung von Ansprüchen im Mahnbescheid und deren Auswirkungen auf die Verjährung von Forderungen.

Das Gericht stellte fest, dass die Zustellung eines Mahnbescheids die Verjährung nur dann hemmt, wenn der Schuldner aus der Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid erkennen kann, worauf der Gläubiger seinen Anspruch stützt. Dabei muss der Anspruch so klar dargestellt werden, dass der Schuldner beurteilen kann, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen möchte. Die Hemmung der Verjährung hängt also von der Fähigkeit des Schuldners ab, den Anspruch zu identifizieren und zu verstehen.

Das Urteil hebt hervor, dass die Verjährung durch eine nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren gehemmt werden kann. Die Individualisierung muss zwar nicht rückwirkend erfolgen, aber sie kann ab dem Zeitpunkt der Vornahme die Verjährung hemmen. Das Gericht betont, dass für die Hemmung der Verjährung ausschließlich der Erkenntnishorizont des Schuldners maßgeblich ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Individualisierung des Anspruchs durch einen an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt.

In dem konkreten Fall ging es um einen Ingenieurvertrag, in dem es um mangelhafte Ingenieurleistungen und Schadensersatzansprüche ging. Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen, da es die Verjährung als eingetreten ansah. Die Klägerin hatte jedoch argumentiert, dass die Verjährung durch den Mahnbescheid und ein darauf folgendes Schreiben gehemmt worden sei, da der Anspruch ausreichend individualisiert worden sei.

Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht hatte die Individualisierung des Anspruchs im Mahnbescheid verneint, was nach dem BGH-Urteil nicht korrekt war. Die Zustellung des Schreibens der Klägerin an den Beklagten hatte die Individualisierung des Anspruchs ausreichend nachgeholt, um die Verjährung zu hemmen.

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