VG Darmstadt: Einreise- und Aufenthaltsverbot darf erst nach verstrichener Ausreisefrist angeordnet werden

Sonntag, 11.06.2023

Der Verwaltungsgericht Darmstadt hat in einem Beschluss vom 16.05.2023 (Aktenzeichen: 6 L 2621/22.DA) entschieden, dass die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 6 AufenthG unter einer aufschiebenden Bedingung und verbunden mit der Verfügung der Ablehnung des Aufenthaltstitels und der Abschiebungsandrohung rechtswidrig ist.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Antragsteller einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt, der jedoch abgelehnt wurde. Ihm wurde daraufhin mitgeteilt, dass er die Bundesrepublik Deutschland unverzüglich verlassen müsse und bei Nichtbefolgung dieser Anordnung abgeschoben werde. Zudem wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall einer nicht fristgerechten und selbst verschuldeten Überschreitung der Ausreisefrist von mehr als zwei Wochen angeordnet. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage und beantragte vorläufigen Rechtsschutz.

Das Gericht entschied, dass der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage teilweise Erfolg hat. Die aufschiebende Wirkung der Klage wurde angeordnet, soweit das Einreise- und Aufenthaltsverbot von sechs Monaten für den Fall der nicht fristgerechten und selbst verschuldeten Überschreitung der Ausreisefrist angeordnet wurde. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 6 AufenthG unter einer aufschiebenden Bedingung und zusammen mit der Verfügung der Ablehnung des Aufenthaltstitels und der Abschiebungsandrohung rechtswidrig ist. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot darf erst angeordnet werden, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist. Die Beurteilung, ob die Ausreisefrist selbst verschuldet oder erheblich überschritten wurde, kann jedoch ermessensfehlerfrei erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Überschreitung der Ausreisefrist vorgenommen werden.

Das Gericht stellte zudem fest, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 HVwVfG ist. Die Behörde hat nicht ausreichend dargelegt, unter welchen Umständen die Überschreitung der Ausreisefrist als nicht verschuldet anzusehen ist und inwiefern die Überschreitung nicht erheblich ist.

Das Gericht entschied weiterhin, dass die Abschiebungsandrohung sowie die damit verbundene Bemessung der Ausreisefrist rechtmäßig sind. Die Behörde hat hierbei jedoch einen formellen Fehler begangen, da sie die Ausreisefrist nicht hinreichend begründet hat. Dieser formelle Fehler führt jedoch nicht zur Aufhebung der Ausreisefrist, da offensichtlich ist, dass der Verstoß gegen das Begründungserfordernis die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Link zum Originaltext der Entscheidung